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Marcel Beyer erhält den Hölderlinpreis 2021
Aktuelles – 08.06.2021

Marcel Beyer erhält den Hölderlinpreis 2021

Die Stadt Bad Homburg hat Marcel Beyer mit dem Hölderlin-Preis ausgezeichnet.
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#badhomburg

Die Aufzeichnung der Preisverleihung aus der Schlosskirche gibt es auf dem Youtube-Kanal "Kultur Live Bad Homburg" zu sehen.

 

Bad Homburg v. d. Höhe. Der Schriftsteller Marcel Beyer wurde für sein Gesamtwerk mit dem Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg (Stiftung Cläre Janssen) ausgezeichnet. Oberbürgermeister Alexander Hetjes hat die mit 20.000 Euro dotierte Auszeichnung am Sonntag, 13. Juni 2021, in der Schlosskirche überreicht. Den mit 7.500 Euro dotierten Förderpreis erhielt der Autor Joshua Groß für seinen Roman „Flexen in Miami“.

 

Zwei preiswürdige Autoren

 

„Wir sind überglücklichen, dass es auch dieses Jahr trotz der anhaltenden schwierigen pandemischen Lage gelungen ist, zwei sehr preiswürdige Autoren im Namen Friedrich Hölderlins auszeichnen zu können“, sagt Oberbürgermeister Alexander Hetjes. „Marcel Beyer ist einer der vielseitigsten deutschen Autoren. Sein Schreibstil berührt sowohl inhaltlich wie auch sprachlich. Und Joshua Groß ist ein junger, Literat, der durch einen ganz eigenen Stil auf sich aufmerksam macht und von dem noch viel zu hören sein wird“, freut sich Oberbürgermeister Alexander Hetjes. Auch in diesem Jahr erhalten sowohl der Hölderlin-Preisträger als auch der Förderpreisträger zusätzlich zum Preisgeld die Möglichkeit, die Hölderlin-Wohnung in der Villa Wertheimber kostenfrei zu nutzen. Die Stadt möchte so die jeweiligen Preisträger über unterschiedliche Veranstaltungen den Bad Homburger Bürgerinnen und Bürgern näherbringen.

 

Festakt und Livestream

 

Die Preise wurden bei einem Festakt am Sonntag, 13. Juni 2020, um 11 Uhr in der Schlosskirche in Bad Homburg v. d. Höhe überreicht. Der Festakt wurde in diesem Jahr von einem Orgelspiel eines Orgelstipendiaten des Kuratoriums Schloss umrahmt. Die Veranstaltung wurde wie im vergangenen Jahr per Livestream auf den städtischen Youtube-Kanal „Kultur live Bad Homburg“ übertragen.

 

Begründungen der Jury:

 

Marcel Beyer „In mehr als drei Jahrzehnten hat Marcel Beyer ein Oeuvre geschaffen, das in seiner literarischen Vielfalt und seinem poetologischen Erkenntnisdrang die deutschsprachige Literatur auf einzigartige Weise bereichert. Marcel Beyer erweist sich darin als sensibler Zeitgenosse, der nicht nur die verschiedensten Gattungen beherrscht, wenn er Romane, Lyrik, Essays, Erzählungen und Opernlibretti schreibt. Vor allem verfolgt er auf je eigene Weise den Ansatz, Geschichte zu vergegenwärtigen und zugleich alternative Möglichkeitsräume zu eröffnen. Romane wie „Flughunde“ (1995) aus Hitlers Führerbunker oder „Kaltenburg“ (2008), der aus dem brennenden Dresden eine Zeitspanne von siebzig Jahren einfängt, zeigen Marcel Beyer als unbestechlichen Beobachter innerer Prozesse wie auch sozialer Milieus und gesellschaftlicher Atmosphären. Gedichtbände wie „Graphit“ (2014), „Dämonenräumdienst“ (2020) oder auch die Vorlesungsreihe seiner Frankfurter Poetikdozentur „Das blindgeweinte Jahrhundert“ (2017) lesen sich quer zum rein illustrierenden Realismus als poetische Tiefenbohrungen in das zurückliegende Jahrhundert, seinen Horror, seine Mythen, seine popkulturellen Alltagserfahrungen. Marcel Beyers Neugier ist mitreißend, sein Blick kühn, seine Sprache musikalisch. Seine Literatur, die nicht zuletzt Bezüge zum Namensgeber dieses Preises - Friedrich Hölderlin - aufweist, erzählt die Welt auf ungeahnte Weise.“

 

Joshua Groß „Joshua Groß‘ Romandebüt „Flexen in Miami“ gelingt es, die „Schichtungsverhältnisse der Gegenwart“ in eine innovative literarische Ästhetik zu übersetzen. Phänomene wie Hip-Hop- oder Gaming-Kultur, das Internet als Ort smarter Dinge oder die sozialen Medien werden dabei als materielle Grundlage unserer Existenz ebenso ernst genommen wie die ökologische Situation des Planeten. Resultat ist ein kompliziertes, mitunter fast paradoxes emotionales Konstrukt aus Euphorie und Erschöpfung, aus Traurigkeit und Komik, ebenso grell gezeichnet wie zart. Im Ort der Handlung, dem heißen, künstlichen, kranken, giftigen und dennoch höchst faszinierenden Miami, wird unsere Gegenwart zu einer Art Denkbild verdichtet – durch eine Literatur, die alle sinnlichen, emotionalen und intellektuellen Möglichkeiten des Ästhetischen nutzt und dabei kulturkritische Seichtigkeit ebenso vermeidet wie einfältige Nostalgie: eine große Bereicherung für die deutschsprachige Literatur.“

 

Zu den Preisträgern

 

Marcel Beyer wurde am 23. November 1965 in Tailfingen / Württemberg geboren und studierte Germanistik, Anglistik und Allgemeine Literaturwissenschaft in Siegen. Seit 1985 veröffentlicht er in verschiedenen Publikationen Essays, Literaturkritiken sowie editorische, literarische und journalistische Arbeiten. Zudem arbeitet er an Übersetzungen aus dem Englischen und ins Englische. Außerdem initiiert Beyer regelmäßig Projekte, so zum Beispiel seit 1987 mit dem Kölner Dichter Norbert Hummelt unter dem Namen Postmodern Talking. 1998 arbeitet er gemeinsam mit Katrin Achinger und Matthias Arfmann an einem Projekt über den amerikanischen Maler und Schriftsteller Brion Gysin. 1991 erhält Beyer für seinen Debütroman das Rolf-Dieter-Brinkmann-Stipendium der Stadt Köln. 1992 ist er Stipendiat des Literarischen Colloquiums Berlin und 1995 im Schloß Wiepersdorf. Wie vielfältig sein Spektrum ist, zeigt sich daran, dass er auch ein HipHop-Seminar für einheimische Rapper in Yaoundé, Kamerun, leitete. Marcel Beyer wurde bereits mit zahlreichen hochrangigen Literaturpreisen ausgezeichnet, unter anderem 2016 mit dem Georg-Büchner-Preis und 2021 mit dem Peter-Huchel-Preis. Heute lebt er als Autor, Herausgeber, Übersetzer und Essayist in Dresden.

 

Joshua Groß, 1989 in Grünsberg geboren, studierte Politikwissenschaft, Ökonomie und Ethik der Textkulturen. Er schreibt regelmäßig für die Berliner Literaturzeitschrift metamorphosen, seine Arbeit wurde bereits mit einigen Preisen gewürdigt – darunter der renommierte Anna Seghers-Preis (2019).

 

Friedrich-Hölderlin-Preis

 

Der Friedrich-Hölderlin-Preis wird seit 1983 jährlich von der Stadt Bad Homburg v. d. Höhe gemeinsam mit der Stiftung Cläre Jannsen als allgemeiner Literaturpreis vergeben. Der Hauptpreis ist mit 20.000 Euro dotiert, der Förderpreis mit 7.500 Euro. Die Jury: Vorsitzende Sandra Kegel (F.A.Z.) sowie Oberbürgermeister Alexander Hetjes (Stadt Bad Homburg v. d. Höhe), Junior-Prof. Dr. Thomas Boyken (hat Frau Sabine Doering ab 1.1.21 ersetzt) (Hölderlin-Gesellschaft), Prof. Dr. Anne Bohnenkamp-Renken (Freies Deutsches Hochstift), Prof. Dr. Heinz Drügh (Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt), Alf Mentzer (Hessischer Rundfunk), Narvid Kermani (Vorjahres-Preisträger) und Dr. Bettina Gentzcke (Fachbereichsleitung Kultur und Bildung).

 

Hölderlin-Preisträgerinnen und Preisträger

 

Die Hölderlin-Preisträgerinnen und Preisträger seit 1983 (in chronologischer Reihenfolge): Hermann Burger, Sarah Kirsch, Ulla Hahn, Elisabeth Borchers, Peter Härtling, Karl Krolow, Wolf Biermann, Rolf Haufs, Günter Kunert, Hilde Domin, Friederike Mayröcker, Ludwig Harig, Ernst Jandl, Martin Walser, Doris Runge, Christoph Ransmayr, Reiner Kunze, Marcel Reich-Ranicki, Dieter Wellershoff, Robert Menasse, Monika Maron, Johannes Kühn, Durs Grünbein, Rüdiger Safranski, Urs Widmer, Ror Wolf, Judith Hermann, Georg Kreisler, Arno Geiger, Klaus Merz, Ralf Rothmann, Peter Stamm, Michael Kleeberg, Christoph Peters, Eva Menasse, Daniel Kehlmann, Anke Stelling, Navid Kermani und Marcel Beyer.

 

Träger/innen des Förderpreises

 

Die Träger/innen des Förderpreises seit 1983 (in chronologischer Reihenfolge): Peter Maiwald, Marcel Konrad, Dante Andrea Franzetti, Klaus Hensel, Uwe Kolbe, Werner Söllner, Sabine Techel, Jan Koneffke, Lioba Happel, Barbara Köhler, Zehra Cirak, Norbert Gstrein, Sabine Küchler, Raoul Schrott, Walle Sayer, Katrin Askan, Karl Heinz Ott, Jörg Bernig, Ulrike Draesner, Julia Schoch, Juli Zeh, Gregor Sander, Arno Geiger, Beate Rothmaier, Nadja Einzmann, Hendrik Jackson, Lena Gorelik, Eva Baronsky, Daniela Seel, Judith Schalansky, Arno Camenisch, Nellja Veremej, Teresa Präauer, Per Leo, Nele Pollatschek, Alina Herbing, Eckhart Nickel, Dana von Suffrin und Joshua Groß.